18. März bis 30. April 2011
Vernissage am Freitag, 18. März 2011, 19 Uhr
Zur Einführung spricht Dr. Fritz Jacobi, Kunsthistoriker, Berlin. Ausstellungsgespräch mit Maria Schmid und Ruth Dorsch am 31. März, 18 Uhr in der Galerie des Jenaer Kunstvereins.
Frau mit Tuch, Bronze, 2009, Foto: Bernd Kuhnert
Die Berliner Bildhauerin Sabina Grzimek zeigt in dieser Ausstellung Porträts, Kleinplastiken und lebensgroße Aktfiguren aus mehr als vier Jahrzehnten. Den Auftakt bildet der Kopf der „Frau Wilke“ aus dem Jahr 1967. Den Abschluss stellt das verharrende „Pferd“ von 2010 dar. Im Außenraum, auf der Grünflache am Ernst-Abbe- Tempel steht die 2009 entstandene „Frau mit Tuch“, die in ihrer kräftigen Leiblichkeit den optischen Höhepunkt der Ausstellung bildet.
Für die 1942 in Rom geborene Künstlerin stand seit ihrem Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und ihrer Meisterschülerzeit bei Fritz Cremer an der Berliner Akademie der Künste das Ringen um die Gestaltung des lebendigen Gegenübers im Zentrum ihrer künstlerischen Intention. So bedeutete für die im Nachkriegsberlin aufgewachsene Sabina Grzimek die persönliche Begegnung mit der deutsch-italienischen Bildhauerin Jenny Mucchi-Wiegmann sehr viel. Denn in der Frau des Malers Gabriele Mucchi verkörperte sich jene Bildhauertradition von Wilhelm Lehmbruck, Marino Marini bis hin zu Alberto Giacometti und Germaine Richier, die sich einem ausgesprochen sensitiven und zugleich ausdrucksbetonten existentiellen Realismus verschrieben hatten.
Auch die Arbeiten von Sabina Grzimek sind weitgehend von einer solchen Haltung geprägt. Das gilt sowohl für ihre wie in einem konzentrierten Dialog mit der Wirklichkeit stehenden Skulpturen als auch für ihre stärker in den Grund hinein verschliffenen Aquarelle, Zeichnungen und Gemälde.
Diese Wertigkeiten waren schon in ihren Anfängen deutlich zu spüren und bestimmen ihre Arbeit bis heute. Die Phasen ihres Schaffens gleiten ineinander wie ein großes Netzwerk, das sich in verwandelter Form immer wieder neu in den „Blick“ der gestaltenden Hände begibt.
Versucht man, diese schwerelose Gewichtigkeit ihrer Kunstsprache näher zu fassen, so stößt man auf eine fast fragmentarische Brüchigkeit, die bei der Annäherung immer wieder innehalten lässt. „Wie ein Wesen ohne Kopf, greife ich mit Händen und Augen, um die Bilder der Schönheit für meine Seele – Stück für Stück – zu halten“, sagt sie einmal. In einem anderen Satz wird deutlich, in welcher Richtung ihr Credo zu verstehen ist: „Es geht mir nicht um Schönheit, ich gehe von der Wahrheit aus, vom Begreifen.“
Ihre von Bedrängnis und Überraschung gleichermaßen erfüllten Werke erscheinen feingliedrig, gefährdet, immer etwas aufgeregt, suchend – wie Windstöße, die plötzlich da sind, in irgendetwas hineinwehen, um kurz darauf wieder der Stille den Platz zu überlassen. Es stellt sich das Gefühl des Zeitweiligen ein, so als sei etwas kurz ins Sichtbare hineingeschoben worden, um sich dann wieder zurückzunehmen, sich selbst genügend.
Alle Arbeiten von Sabina Grzimek wirken – und das macht die beeindruckende, konfliktgeladene Energie ihrer Figurationen aus – wie ein permanenter Beginn, eine Anlage, ein Anstoß, der plötzlich erstarrt und wie eine Art Achtungszeichen diese eigenwillig durchpulsten Signale des Existentiellen ausstrahlt. Sie überlässt uns ihre Gestaltfindungen – mit all den Möglichkeiten des eigenen Erschließens.