6. Anfänge einer lebendigen Erinnerung – die Villa Rosenthal

Am 22. September 2007 lud der Jenaer Kunstverein zu seinem ersten Sommerfest in die Rosenthal-Villa, damals noch zugänglich über die Kahlaische Straße 6. Die Villa von Clara und Eduard Rosenthal stand einst im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Jena. Das Sommerfest sollte an die Rosenthals erinnern und zugleich Künstler*innen und Kunstinteressierten eine Begegnungsstätte bieten.

Impressionen vom Sommerfest in der Villa Rosenthal 2007

Zum Sommerfest spielten Susanne Vetter an der Harfe, Camelia Sima am Klavier sowie die Band „Rainer Hardt und sein Orchester“. „Queps – Visual Art Group“ bereicherte den Abend mit optischen Eindrücken. Der Höhepunkt des Abends war das Geigenkonzert Nicholas Miltons, des damaligen Generalmusikdirektors der Jenaer Philharmonie.

Die Pianistin Camelia Sima. Foto: Scheere

Eduard Rosenthal (1853-1926) hinterließ in Jena und Thüringen zahlreiche Spuren seines Wirkens. Als ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Jenaer Universität war er maßgeblich an der Entstehung der ersten Thüringer Verfassung beteiligt. Er gab den Anstoß für die Gründung des Instituts für Wirtschaftsrecht, verfasste zahlreiche Werke zur thüringischen Geschichte und trat im Thüringer Landtag für die demokratische Verfassung und damit für die Weimarer Republik ein.
Rosenthal war ein enger Freund und Berater Ernst Abbes. Er wirkte maßgeblich an der Idee und Gründung der Carl-Zeiß-Stiftung mit und war sowohl an der Ausarbeitung des ersten Stiftungsstatuts von 1896 als auch an dessen Überarbeitung nach Abbes Tod beteiligt.

Das Musikzimmer nach der Renovierung. Im Vordergrund das unter Mithilfe von Stephan Laudien wiedergefundene Bildnis von Clara Rosenthal, gemalt von Raffael Schuster-Woldan. Das Bild hängt mittlerweile in der ersten Etage der Villa. Foto: ©JenaKultur, A. Hub

Als sich 1903 kunstinteressierte Bürger Jenas im Kunstverein zusammenfanden, gehörte Eduard Rosenthal zu den Gründungsmitgliedern und wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt. Bis zum Mai 1908 übte er dieses Amt aus. Unter seinem Vorsitz wurden enge Kontakte zu Künstlern geknüpft.
Als Eduard Rosenthal mit den Würden eines Ehrendoktors und Ehrenbürgers der Stadt Jena im Jahre 1926 verstarb, ging die Villa nach seiner Verfügung in den Besitz der Stadt mit lebenslangem Wohnrecht für seine Frau Clara über. Dem wurde aufgrund ihrer jüdischen Herkunft nicht entsprochen. Sie hielt den Anfeindungen bis zu ihrer bevorstehenden Deportation stand und wählte 1941 den Freitod.

Die Villa gelangte 2004 in den Besitz der jenawohnen GmbH. Im gleichen Jahr beschloss der Stadtrat, „bei einer Vermarktung oder eigenen Nutzung der Grundstücke der Eheleute Rosenthal darauf zu achten, dass das Andenken an den Ehrenbürger der Stadt Jena (…) gewahrt wird und in geeigneter Weise auf das Lebenswerk der Eheleute Rosenthal hingewiesen wird.“

Außenansicht der Villa Rosenthal nach der Renovierung. Foto: ©JenaKultur, A. Hub

2006 zogen die letzten Bewohner aus der als Kulturdenkmal geschützten Villa. Nach dem Sommerfest des Jenaer Kunstvereins begannendie Sanierungsarbeiten am Gebäude. Im Jahr 2009 wurde die Villa als Erinnerungs- und Veranstaltungsort wieder eröffnet. 2018 kreuzten sich erneut die Wege der Villa, von Eduard Rosenthal und des Jenaer Kunstvereins im Rahmen des Botho-Graef-Kunstpreises der Stadt Jena. Dieser widmete sich dem Gedenken an Eduard Rosenthal in Form eines dezentrales Denkmals, das in einem Wettbewerbsverfahren bestimmt wurde. Gewürdigt werden soll der Rechtswissenschaftler, liberale Politiker und kulturell wie sozial engagierte Bürger Eduard Rosenthal (1853–1926) an seinen verschiedenen Wirkungsorten in Thüringen.

Horst Hoheisel und Andreas Knitz vor den Skizzen ihres Siegerentwurfs zum Botho-Graef-Kunstpreis der Stadt Jena in der Galerie des Jenaer Kunstvereins. Foto: FSU Jena

Die Jury des Wettbewerbs setzte sich unter dem Vorsitz des Konzeptkünstlers Jochen Gerz aus international bekannten Künstler*innen und Expert*innen für Kunst und Erinnerungskultur zusammen.
Die Entwürfe des Wettbewerbs wurden 2018 in der Galerie des Jenaer Kunstvereins im Stadtspeicher ausgestellt. Im Frühjahr 2020 wird der Siegerentwurf von Horst Hoheisel und Andreas Knitz umgesetzt. Die Einweihung des Denkmals in Jena wird am 24.04.2020 stattfinden.

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