Am 6. Mai 1880 wurde in Aschaffenburg der Künstler Ernst Ludwig Kirchner geboren. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Expressionismus. Zwischen ihm und dem Jenaer Kunstverein bestand und besteht eine enge Verbindung.
Zusammen mit seinen Malerfreunden Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff gründete Kirchner im Jahr 1905 in Dresden die Künstlergemeinschaft „Brücke“. Im Jahr 1911 kam es erstmals im Jenaer Kunstverein zu einer Ausstellung der Künstlergruppe.
Ein früher Förderer und Sammler von Kirchners Kunst war der Jenaer Kunsthistoriker Botho Graef, Mentor des Jenaer Kunstvereins. Als Graef im Jahr 1917 starb, übereignete Ernst Ludwig Kirchner dem Jenaer Kunstverein zur Erinnerung an seinen Förderer die Botho-Graef-Stiftung. Sie umfasste 260 Holzschnitte, Radierungen und Lithographien.
Dieses einmalige Konvolut an Grafiken Kirchners wurde, wie auch ein Großteil der Sammlung des Jenaer Kunstvereins durch die nationalsozialistische Aktion „Entartete Kunst“ im Jahr 1937 beschlagnahmt und teilweise zerstört. Die Enteignung geschah unter Werner Meinhof, Geschäftsführer des Kunstvereins von 1935 bis 1939, und Vater der späteren RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. Insgesamt verschwanden 639 Werke Ernst Ludwig Kirchners, davon kamen 260 Blätter aus Jena. Eine Übersicht der beschlagnahmten Werke Kirchners aus der Sammlung des Jenaer Kunstvereins findet sich im Beschlagnahmeinventar “Entartete Kunst” der Freien Universität Berlin.
Diffamiert als „entarteter Künstler“ und seiner Lebenswelt beraubt, erschoss sich Ernst Ludwig Kirchner am 15. Juli 1938 im Schweizer Exil.
Seine Werke finden sich heute in den großen internationalen Kunstsammlungen. Kirchners Gemälde erzielen auf Kunstauktionen sechsstellige Ergebnisse. An seinen Mentor Botho Graef erinnert der Botho-Graef-Kunstpreis der Stadt Jena, der alle drei Jahre vergeben wird.
Der Autor Robert Sorg ist Vorsitzender des Jenaer Kunstvereins.
Titelbild: Ernst Ludwig Kirchner, Selbstporträt, 1903 (Lizenz: CCA)
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